Artikel Serie des „Naumburger Tageblattes“

Hier bekommen Sie die vollständigen Antworten auf die Fragen der Redaktion, die leider nur sehr verkürzt abgedruckt werden konnten – Wenn es dazu Fragen gibt, chatten wir gern auf meinem FB-Account https://www.facebook.com/stefan.bouillon. Zum Download des Artikels als PDF hier klicken.

Anworten von Stefan Bouillon auf die Fragen des „Naumburger Tageblattes“ in Vorbereitung der Artikelserie über die Kandidaten zur OB-Wahl:

  1. Die Geschicke Naumburgs wurden zuletzt 14 Jahre lang von Bernward Küper (CDU) geleitet. Was wollen Sie konkret anders machen als das bisherige Stadtoberhaupt?

Als Außenstehender, der sich ins schöne Naumburg bewirbt, werden Sie mir nachsehen, dass ich keine persönliche Beurteilung des jetzigen Oberbürgermeisters abgeben kann. Wohl sehe ich aber, dass die Stadt, in der nach der Wende vieles richtig gemacht worden ist, ganz offenbar von Stagnation und Stillstand geprägt ist. Beim Internetauftritt – um nur ein Beispiel zu benennen – ruckeln zwei Bilder der Stadt vor den Augen des Betrachters, so als gäbe es sonst nichts. Der Schlüssel Naumburgs zu seiner Zukunft, der salopp mit Uta umschrieben werden kann, wird überhaupt nicht genutzt.

Hier bedarf es einer anderen, mutigen, aber eben auch professionellen Herangehensweise. Ich möchte das erstens mit meinen Visionen für Naumburg, zum zweiten aber auch mit Kritik an der Art der Behandlung zentraler Themen durch die von der CDU geführte Stadt insgesamt umreißen. Und da kann man nicht so tun, als sei das nur eine Sache von Herrn Küper. Herr Müller ist seit Jahren sein Stellvertreter als Bürgermeister und als Dezernent mit umfassenden Aufgabengebieten für all das mitverantwortlich. Das zeigt jedem unbefangenen Betrachter: diese CDU bringt Naumburg nicht mehr weiter. Anders als der legendäre Kurt Becker, wird hier ganz offenbar nur noch verwaltet, aber sicher nicht mehr gestaltet. Das muss sich grundsätzlich ändern. Dazu sind drittens einige umfassende Arbeitspakete anzupacken. Diese finden Sie auf meiner Homepage www.stefan-bouillon.de dargelegt. Hier ist leider nicht der Platz, das erschöpfend auszuführen. Es geht vor allem aber auch darum, wie man Konzepte entwickelt und wie man die Stadt ganz anders mit ihrem Umland vernetzt, als das heute der Fall ist.

  1. Als OB werden Sie in den kommenden Jahren wahrscheinlich wenig finanziellen Spielraum haben. Welche konkreten Projekte wollen Sie dennoch vorantreiben, welche hingegen erst einmal vernachlässigen?

Da sprechen Sie einen ganz wunden Punkt an: der Haushalt ist in den letzten Jahren in eine Schieflage geraten. Der aktuelle Kämmerer hat die dramatische Lage unlängst öffentlich gemacht und gleichzeitig seinen vorzeitigen Abschied erklärt. Dafür ist wiederum maßgeblich die CDU mit ihrem Führungspersonal verantwortlich. Und was macht Herr Müller in seinem Wahlkampf? Er, der doch genauestens Bescheid wissen muss über die prekäre Situation, schenkt den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt keinen reinen Wein ein. Er verheimlicht den Ernst der Lage und lässt seine Maßnahmen offen. Nach der Wahl kommen dann die Grausamkeiten. Schlimmer noch: die Art des Umgangs mit der Neubesetzung der Position des Kämmerers ist ein handfester Skandal. Obwohl der amtierende Kämmerer noch bis Ende des Jahres im Amt bleibt, soll die Position unter dem fadenscheinigen Argument der Einarbeitung bereits jetzt mithin über ein halbes Jahr früher besetzt werden, obwohl im April die OB-Wahl und im Juni die Amtseinführung des neuen OB ist. Es muss Sache des neuen OB´s sein, den neuen Kämmerer auszuwählen.

Aber hier geht die CDU lieber auf Nummer sicher. Die CDU, einstmals Garant solider Haushaltspolitik und wirtschaftlichen Wachstums, wird zum Trickser und Vertuscher.

Dies vorangestellt ist klar: erst ist ein umfassender und schonungsloser Kassensturz fällig. Erst dann kann man seriös über konkrete Projekte sprechen. Und dann noch eins: vorantreiben kann man Projekte auch dann, wenn die erforderliche Finanzierung nicht durch die Stadt gestemmt werden kann, wenn aber andere Lösungen gefunden werden können. Will man Naumburg zurück auf einen Erfolgskurs führen – wie ihn Leipzig, Jena und Halle grandios vorleben – dann muss man die Stadt anders positionieren und weit über den Tellerrand hinausschauen.

  1. Naumburgs Stadtgebiet umfasst 32 Ortsteile, darunter mit Bad Kösen eine einst selbstständige Stadt. Wie lautet Ihre Strategie, um in diesen Ortsteilen eine möglichst hohe Zufriedenheit der Bürger sicherzustellen?

Bad Kösen hat die Zwangseingliederung nach Naumburg bis heute nicht verwunden. Die Empfindlichkeiten in den Ortsteilen sind insgesamt sehr hoch. Da ist es tatsächlich einmal ein Vorteil, als Kandidat nicht aus Naumburg, sondern von außen zu kommen, da man damit nicht Repräsentant ererbter Probleme ist. Gleichwohl ist meine persönliche Familiengeschichte mit Bad Kösen verbunden. Daher bringe ich eine besondere Sensibilität für die Ansprüche der Ortsteile mit. Diese lassen sich auch nicht über einen Kamm scheren. Sicherlich sind Fragen der Daseinsvorsorge wie die verkehrliche Anbindung, die Erschließung durch den ÖPNV oder auch das leidige Thema der Grünschnittanlage zu klären – und zwar mit den betroffenen Ortsteilen gemeinsam.

Strategisch muss man aber deren jeweilige Stärken sehen und unterstützen, um damit als Gesamtstadt insgesamt zu profitieren. Gerade die Vielschichtigkeit seiner Ortsteile – in ihrem höchst unterschiedlichen städtebaulichen und landschaftlichen Gepräge – sind eine Riesenchance für den Gesamtstandort. Bad Kösen ist als Heilbad zu erhalten und systematisch weiterzuentwickeln. Der Anspruch muss gerichtet sein auf größere Exzellenz im bestehenden Angebot und seine weitere Auffächerung. Zudem liegen medizinische Versorgung und Wellness nahe beieinander. Grundvoraussetzung ist aber, dass das Stadtbild prägende Gradierwerk mit seiner europaweit einmaligen Technik wieder in Gang kommt. Eine Technikruine an dieser Stelle würde einen Tod auf Raten bedeuten.

Bad Kösen und viele kleinere Ortsteile sind zudem durch den Weinanbau geprägt. Eine Trumpfkarte für Naumburg insgesamt! Eine alte Regel sagt, wo Wein wächst, gibt es nette Menschen, Genuss und schöne Landschaften. Dem ist nichts hinzuzufügen.

  1. Dem bisherigen Oberbürgermeister wurde bisweilen zu wenig Bürgernähe unterstellt. Wie wollen Sie diese Bürgernähe herstellen? Welche konkreten analogen oder digitalen Formate schweben Ihnen vor?

Sie scheinen ja kein Fan von Herrn Küper zu sein! Bürgernähe ist sicherlich so etwas wie das Lebenselixier eines Oberbürgermeisters. Das hängt von der persönlichen Ansprache und einer gewissen Offenheit der Person als Grundvoraussetzung ab. Zu erreichen ist dies meines Erachtens durch den direkten Dialog mit den Bürgern. Hilfreich sein könnte z.B. die Einrichtung einer regulären Bürgersprechstunde. Wichtig ist insoweit auch die Unterstützung ehrenamtlichen Engagements mit einem Austausch der aktiven Vereine. Nach Corona kann dies wieder analog erfolgen – digitale Formen wie etwa Webinare, Talkrunden, Einspielen von Videobotschaften können hilfreich sein. Sie ersetzen aber nicht den direkten, persönlichen Kontakt. Ein wichtiger Punkt ist sicherlich auch, dass ein Oberbürgermeister dafür Sorge tragen muss, dass die Verwaltung insgesamt bürgernah agiert und kommuniziert. Das wird aber bereits in der nachfolgenden Frage abgefragt.

  1. Als Oberbürgermeister wären Sie vor allem auch Leiter einer großen Verwaltung. Was würde Ihnen in dieser Funktion wichtig sein? Welche Veränderungen können Sie sich vorstellen?

Zunächst einmal bedarf es eines Überblicks wie was organisiert ist, wer wo sitzt und welche Prozesse wie standardisiert sind. Man fragt sich, wo stecken die 420 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Ein Organigramm ist auf der Homepage der Stadt – anders als bei anderen Städten – nicht zu finden. Auch sind dort Angaben zu konkret zuständigen Personen sehr rar. Das sollte sich grundsätzlich ändern. Hier ist eine umfassende Transparenz geboten. Man braucht sowohl als Leiter einer solchen Verwaltung den Überblick, aber eben auch der Bürger kann diesen Anspruch erheben. Damit einher geht die Frage, wo die Verwaltung in ihren Strukturen oder Abläufen zu modernisieren ist. Flache Hierarchien sind sicherlich ebenso wichtig, wie mehr Verantwortung für einzelne Mitarbeitende, die dann auch dem Bürgern als Ansprechpartner präsentiert werden. Damit werden sie auch deutlich anders wertgeschätzt als das heute der Fall ist. Der OB muss klare Vorgaben bei den Leitlinien der Politik für die Verwaltung machen. Und er muss für klare Kommunikation sowohl über die Ebenen der Verwaltung intern, wie auch gegenüber dem Bürger extern sorgen. Der Fisch stinkt bekanntlich meistens vom Kopf!

Zentral wäre sicherlich auch, dass ein Oberbürgermeister bestimmte Themen, die er voranbringen will, an sich ziehen muss: das gilt für die Kernbereiche von Tourismus, Kultur, Wein und der 1000-Jahrfeier.

  1. Am Ende der anstehenden OB-Legislatur wird das Stadtjubiläum, Naumburgs 1.000ster Geburtstag, gefeiert. Welches Geschenk sollte sich die Domstadt bis dahin machen? Nutzen Sie dazu gerne die Begriffe „Ringbahn“, „Reichskrone“, „Blütengrund“ oder andere Vorhaben Ihrer Wahl.

Ich bin sicher, es wäre deutlich zu kurz gegriffen, dieses epochale Ereignis lediglich mit einzelnen konkreten Projekten in Verbindung zu setzen. Sicher wäre es schön und ist es ein hehres Ziel die Reichskrone zu sanieren – am Besten wie es der Mitbewerber Schumann skizziert als Kongresszentrum mit angeschlossenem Hotel. Wenn man aber veranschlagt, dass nur das Sanierungsprojekt gut und gerne 20 Mio. € verschlingt, muss man dafür einen Investor finden. Abgesehen von der Frage wie die Stadt mit solchen Investoren umgeht, stellt sich doch für den potentiellen Geldgeber immer die Frage der Refinanzierung. Diese ist kaum wirtschaftlich darstellbar! Dieser Ansatz wird also ein schönes Luftschloss bleiben. Dennoch braucht es bis 2028 eine Lösung für das Objekt. Ebenso wäre die Ringbahn ein verkehrliches Ziel, das aber dann erst die passende Finanzierungskulisse also aus den entsprechenden ÖPNV-Mitteln oder – eine sachsen-anhaltinische Besonderheit – aus Landesmitteln für historische Bahnen finden muss. Das kann man nicht einfach eben mal so versprechen. Genau da zeigt sich, was ein OB an Handwerkszeug mitbringen muss: eine umfassende Kenntnis von Instrumenten der Finanzierung und rechtlichen Planungs- und Genehmigungsprozessen und deren politische Durchsetzung durch Finden von Mehrheiten im Rat, im Landtag und darüber hinaus. Das sind dicke Bretter, die Können voraussetzen!

Das eigentliche Geschenk für die 1000-Jahrfeier ist für mich, dass Naumburg bis dahin endlich aus seiner selbstgewählten Lethargie erwacht ist, und seine Potentiale durch eine zielgerichtete Politik verwandelt hat. Keine Luftschlösser sondern knallhart durchdeklinierte Politik. Die bedarf am Anfang und als Zielpunkt gleichwohl einer Vision. Meine Vision für Naumburg ist die einer führenden deutschen und europäischen Tourismusmetropole, die herausragende Leistungen einer Hochkultur wie Dom, Stifterfiguren aber auch das Wirken von Geistesgrößen wie Nietzsche, Goethe, Schiller, Bach und Luther mit dem Geschenk eines geschlossenen historischen Stadtbildes und einer einzigartigen Kulturlandschaft verbindet. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten die Ost-West-Dichotomie endlich zu überwinden und aus Naumburg und seiner Region wieder das zu machen, was es Jahrhunderte lang war: die Mitte Deutschlands und das Zentrum Europas. Das ist harte Arbeit. Packen wir´s an!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert